So, heute im Blog-Artikel geht es um den sogenannten "Inneren Kritiker", einen Begriff, der auch in vielen Ansätzen der inneren Kind Arbeit häufig benutzt wird. Krish und Amana nennen diesen Anteil im Kontext von "Learning Love", beispielsweise den inneren Richter, the Inner Judge.
Ich persönlich hatte oft das Bild einer langen Richterbank, mit vielen grimmigen Gesichtern.
Es kann hilfreich sein, hier klar zu differenzieren und sich dadurch bewusster darüber zu werden, was für unterschiedliche Qualitäten innere Anteile haben können. Sehr häufig haben wir den Impuls, den inneren Kritiker, den inneren Richter loswerden zu wollen. Wir wollen uns davon abwenden, wir haben genug davon, es quält uns, wie fühlen uns abgewertet und beschämt. Die Identifizierung kann manchmal so machtvoll sein, dass es zu diversen Traumafolgeerscheinungen führen kann, wie Depression.
Kennst du das Phänomen, dass Phrasen oder Sätze deines inneren Kritikers sich genauso anhören wie von deiner Mutter oder deinem Vater?
Ein Beispielsatz, der mir gerade einfällt und den meine Mutter relativ häufig benutzt hat, war zum Beispiel: "Aus dir wird ja eh nix." Was bis heute noch dazu führt, Vorhaben unbewusst zu sabotieren, weil dieses Glaubensystem so tief verwurzelt ist, dass da ja sowieso nichts Gutes herauskommen kann.
Es ist eine zutiefst schmerzhafte Erfahrung, wenn die eigenen Eltern, von denen man bedingungslose Zuwendung erwarten durfte, einem stattdessen solch narzisstische Verletzungen zufügten. Diese Wunden aus der Kindheit können nachhaltige Traumata hinterlassen.
Das wir innere Anteile bilden, ist völlig normal und Ausdruck einer gesunden Psyche und macht uns zu den vielfältigen Menschen, die wir sind. Es gehört einfach dazu. Die Entstehung von inneren Anteilen kann ein Leben lang geschehen und sie bilden die Struktur unserer Persönlichkeit.
Selbstverständlich sind die frühkindlichen Anteile besonders prägend und wir lernen zum einen in der Beziehung und zum anderen durch Nachahmung der Menschen in unserem Ökosystem, in dem wir groß werden. Unsere primären Bezugspersonen, in den meisten Fällen die Eltern, sind natürlich die prägenden Figuren.
Noch mal kurz zur Erinnerung: Wir sind in unserer Kindheit emotional und auch zeitweise körperlich vollkommen abhängig von unseren Bezugspersonen. Es gibt Anteile, die unter ganz positiven und fördernden, wohlwollenden Umständen entstehen. Das sind auch die, die sich mit uns weiterentwickeln und die heute in der Regel wichtige Ressourcen für uns darstellen.
Dann gibt es wiederum Anteile, die sich aufgrund von Hochstress-Erfahrungen entwickeln mussten, in Situationen von toxischem Stress, die dazu genötigt wurden, sich bedrohlichen Umständen anzupassen, damit das Überleben gesichert ist. Diese Anteile sind ganz häufig sehr rigide und haben sich nicht weiterentwickeln können. Sie stehen auf dem Entwicklungsstand ihrer “Geburt”, als sie diese extremen Stress-Erfahrungen machen mussten. Somit haben sie eben häufig eine sehr kindliche Auffassung und Perspektive, weil ihnen eine komplexe Reflexion auf diesem Entwicklungsstand noch gar nicht möglich war.
Wichtig ist hier auch noch mal zu erwähnen, dass alle Anteile in unserem Inneren grundsätzlich dafür da sind, fürsorglich zu sein. Sie sind immer für uns da und ihre Intention ist Schutz und Sicherheit.
Per se ist der “Innere Kritiker” nichts anderes als ein Archetyp, der für unser soziales Miteinander eminent wichtig ist, damit wir uns in unserem sozialen Ökosystem gut zurechtfinden können und die Fähigkeit besitzen, uns und unser Handeln zu hinterfragen. Sie sind also da, um uns zu unterstützen und letztendlich Bindung möglich zu machen in dem sozialen Kontext, in dem wir uns befinden.
Sich kritisch zu hinterfragen ist also somit eine wichtige soziale Kompetenz und hilft uns, uns angemessen anzupassen. Wenn wir allerdings in ungesunden, toxischen Systemen aufwachsen, dann wird unsere Fähigkeit zur Selbstkritik dazu benutzt, um unsere tiefen, natürlichen Bedürfnisse nach Zugehörigkeit, Bindung und Schutz unserer Verletzlichkeit zu unterdrücken und zurückzuhalten, häufig sogar zu verleugnen.
Unter Hochstress-Erfahrungen auf der Bindungsebene, wenn also Kinder in ihren Familiensystemen von primären Bezugspersonen schlecht und grausam behandelt werden, dann müssen die Kinder eine kreative Lösung finden.
Auf einer tiefen, ganz unbewussten Ebene ist das Kind immer vollkommen bindungsorientiert. Die Bindung zu der Bezugsperson ist gleichzusetzen mit Überleben, auch wenn das Verhalten der Bindungsperson destruktiv, vielleicht sogar grausam ist. Sie können weder fliehen noch kämpfen und sich dieser Bezugsperson auch nicht erwehren. Das bedeutet, das Kinder alles tun werden, um zum Erhalt dieser Bindung beizutragen.
Das einzige, was dann eben bleibt, ist die absolute Anpassung an diese toxische Person oder ihrer Verhaltensweise. Hier kommen wir zu dem Begriff Introjekt: Wenn wir uns vorstellen, dass ein Kind einer aggressiven und bedrohlichen Person ausgesetzt ist, von der es zugleich vollkommen abhängig ist, dann macht es Sinn, dass dieses Kind auf einer Ebene seines Erlebens die Energie der Bedrohlichkeit, die von der Bindungsperson ausgeht, tief verinnerlicht - und zwar zu dem Zweck, Bindung zu erhalten. Es bilden sich ganz feine Antennen dafür, was das Gegenüber fühlt und braucht, um weniger bedrohlich zu sein. Das Kind denkt: "Wenn ich mich so und so verhalte, dann wird mein Gegenüber mich lieb haben" und erhofft sich dadurch, dass das Gegenüber es akzeptiert und ihm so nah wie möglich lässt.
Ich hoffe, das macht es noch mal klar, dass ein Introjekt zwar ein innerer Anteil ist, aber eben ein Abbild einer missbräuchlichen und toxischen Person, also eines Täters, ist. Diese Täter-Introjekte haben also zum Schutze des Überlebens die Funktion, verletzliche Anteile niederzumachen. Sie zeigen sich ganz besonders dann, wenn alte Schmerzen, tieferliegende unerfüllte Bedürfnisse oder jegliche Form von Mangel zu Tage treten, dass diese dann mit einer gewissen Bösartigkeit zurückgedrängt und niedergemacht werden.
Wie kann man dann also diesen inneren Kritiker loswerden?
Für diese Transformation ist es deutlich wichtiger, den Fokus vom inneren Richter zu nehmen und auf die dahinter liegenden Anteile zu blicken, die in diesem Hochstress- und Überlebensszenario kein Gehör finden konnten. Anteile die Wut, Trauer, und Ohnmacht als Bürde tragen.
Durch behutsames Annähern an all die Anteile, die Schmerz und Not erfahren haben. Wenn wir ihnen sanft und liebevoll begegnen und auf verletzliche und mitfühlende Art und Weise mit ihnen in Kontakt kommen. Und zwar idealerweise in einem professionellen Setting, in dem jemand da ist, der den Raum halten kann und sich nicht von der Identifizierung vereinnahmen lässt.
Heute ist die Zeit, sich unserer Verletzlichkeit wieder zuzuwenden, Räume und Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die Heilung und Transformation möglich machen. Und somit den Anteilen, die destruktive Auswirkungen haben, die Macht zu entziehen.
Der Weg ist die Hinwendung zu den verletzten Anteilen und sie in Sicherheit zu bringen. Das Ganze natürlich dosiert in deinem Tempo und mit einem offenem Herzen.
Ich hoffe, das konnte etwas mehr Klarheit bringen und für eine Differenzierung, die ich für sehr notwendig halte, beitragen.
Teile gerne deine Erfahrungen und Wahrnehmungen mit mir.
In tiefer Verbundenheit,
Dein Micha Madhava
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Verletzlichkeit ist ein zentraler Bestandteil menschlicher Erfahrungen. Sie ermöglicht uns den Zugang zu intensiven Momenten und wird somit zur kostbarsten Ressource unseres Seins. Im folgenden möchte ich einen Einblick in die Kraft der Verletzlichkeit geben und die Bedeutung eines authentischen Ausdrucks beleuchten.
Als Kinder sind wir voller Enthusiasmus und Spontaneität in diese Welt geboren worden. Doch im Laufe der Jahre verlieren wir oft den Bezug zu diesem wertvollen Geschenk. Misstrauen gegenüber dem Leben und anderen Menschen schleicht sich ein, und wir lernen, unsere Verletzlichkeit zu verbergen.
Um uns mit anderen Menschen verbinden zu können, ist es unerlässlich, dass wir uns sicher fühlen. Dieser Schritt kann nicht übersprungen werden, wenn wir uns wieder in die Verletzlichkeit wagen möchten. Gemeinsam können wir erforschen, wie du wieder sicheren Halt in dir selbst finden kannst.
Für viele Menschen ist der Weg zur Wiederentdeckung der Verletzlichkeit mit traumatischen Erfahrungen verbunden. Eine traumasensible Prozessbegleitung kann dabei helfen, diese Erfahrungen anzunehmen und zu heilen. Durch eine einfühlsame Begleitung kannst du Schritt für Schritt lernen, deine Verletzlichkeit zu akzeptieren und als Quelle deiner Stärke zu nutzen.
Ein authentischer Ausdruck ermöglicht es dir, deine ganz individuelle und einzigartige Erfahrung von Intensität mit anderen zu teilen. Indem du dich verletzlich zeigst und deine wahren Gefühle offenbarst, schaffst du eine Verbindung zu anderen Menschen. Diese Offenheit kann dir die Freude und Fülle bringen, nach der du suchst.
Verletzlichkeit ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Ausdruck von Mut und Echtheit. Indem wir uns unserer Verletzlichkeit bewusst werden und sie zulassen, eröffnen sich uns neue Möglichkeiten der Verbindung und des Wachstums. Lass uns gemeinsam den Wert der Verletzlichkeit erkunden und den Mut finden, uns authentisch auszudrücken.
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