Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der Heilungsweg nie wirklich endet. Dieser Artikel ist in erster Linie für mich selbst geschrieben - um mich immer wieder daran zu erinnern, dass Geduld, Wohlwollen und die Berücksichtigung des eigenen Tempos unerlässlich sind. Denn obwohl ich die theoretischen Grundlagen der Traumaheilung tief verankert habe, bin ich selbst immer wieder herausgefordert auszuhalten, dass echte Integration auf Nervensystemebene einen schrittweiser Prozess ist.
Es gibt immer wieder Anteile die versuchen mich davon zu überzeugen, dass für mich als Prozessbegleiter andere Regeln gelten würden.
Es ist wie im Bergbau: Zunächst bearbeitet man die oberflächlicheren Schichten. Doch selbst wenn man glaubt, ein Thema wie Verlassenheit oder Scham wäre abgeschlossen, geht das Spiel immer wieder von vorne los - nur eben auf einer tieferen Ebene. Man findet andere Persönlichkeitsanteile, die mit noch stärkerer Überlebenenergie geladen sind. Sie sind deutlich widerstandsfähiger. Diese tieferliegenden Schichten können sich erst zeigen, wenn man bereits einige "Heilungsrunden" gedreht hat und die nötige innere Kapazität und Resilienz aufgebaut hat, um ihrer Intensität gewachsen zu sein.
Es kann ziemlich frustrierend sein, wenn man das Gefühl hat, endlich auf dem richtigen Weg zu sein und die Dinge zu verstehen - aber gleichzeitig erlebt, dass es einem nicht wirklich besser geht oder Symptome sogar schlimmer werden.
Nicht selten erleben Menschen in ihrem Heilungsprozess einen Moment der Erkenntnis - eine Art Erleuchtung, in der sich plötzlich Gedankenstücke wie Puzzleteile zusammenfügen. Es ist, als würden in den Synapsen des Gehirns, diesen winzigen Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen, tausende neue Verbindungen entstehen und Funken überspringen. Konzepte und Zusammenhänge, die zuvor unklar oder unzugänglich waren, werden auf einmal kristallklar. Die Erkenntnis sickert tiefer und webt sich in das neuronale Netzwerk ein. Ein Aha-Erlebnis stellt sich ein: "Ach so, das ist es also, was mich belastet! Jetzt verstehe ich die Dynamiken."
Oder Menschen beginnen, sich endlich selbst zuzuwenden, weil sie Wege gefunden haben, wie sie das tun können. In diesem neuen Raum des Verstehens und der Selbstzuwendung tauchen jedoch oft alte Gefühle, Überlebensstrategien und Muster wieder auf - und Symptome wie übermäßiges Trinken, Ablenkungssucht oder destruktive Verhaltensweisen können in diesen Momenten sogar schlimmer werden.
Dieses Erleben führt dann häufig dazu, dass die eigene Selbstabwertung wieder zunimmt. Man hat das Gefühl, man sei "wirklich zu dämlich um zu Heilen" und "mit mir kann wirklich irgendetwas nicht stimmen". Häufig steigen Scham- und Schuldgefühle auf. Es ist peinlich, dass es gerade so schlecht läuft, obwohl man sich so bemüht oder ein sehr beliebter Satz ist auch: “Ich hab doch schon soviel an mir gearbeitet”.
Zunächst einmal: Wenn du das hier liest, bist du nicht alleine. Dies ist ein natürlicher und ganz klassischer Verlauf in wirklich tiefen Integrationsprozessen.
Warum ist das so? Diese Prozesse sind komplex - alle Ebenen unseres Seins sind involviert: unser Nervensystem mit Synapsen und Nervenbahnen, unser Unterbewusstsein mit unbewussten Mustern und Kompensationsstrategien, unser Körper, unsere Bindungsmuster und Beziehungen.
Es gibt drei Hauptgründe, warum es auf dem Heilungsweg oft erstmal schlimmer wird oder zwischendurch Rückschläge auftreten:
So gehen wir achtsam damit um:
Emotional können wir uns durch die Haltung des Wohlwollens stabilisieren. Anstatt Selbstabwertung und dem Impuls, alles "wegzuhaben", nachzugeben, üben wir uns darin, unseren Weg, unsere Muster und unsere Geschichte mitzunehmen und zu würdigen. Aus dieser Haltung entspringt die innere Bereitschaft, uns selbst konsequent zuzuwenden. Mit anderen Worten, wir können eine innere Kultur nähren die unsere Verletzlichkeit lebt.
Auf der praktischen Ebene ist es hilfreich, nichts zu tun, was den Prozess erschwert. Stattdessen richten wir unseren Fokus auf Ressourcen: Was gibt Kraft? Wo finden wir Energie, Verbundenheit, Frieden? Es ist wichtig, dass wir Ressourcen wirklich nutzen und gerade in schwierigen Phasen aktivieren.
Eine Struktur mit fest eingeplanten Ressourcen hilft, die Haltung der Selbstwürdigung auszudrücken. Zum Beispiel: Wenn für dich die Natur eine Ressource ist, dann plane regelmäßige Aufenthalte in der Natur fest in deinen Tages- oder Wochenrhythmus ein. So drückst du deine wohlwollende Haltung zu dir selbst im Alltag aus und schaffst eine Struktur, die dich in deinem Integrationsprozess stärkt.
Auch hilfreich ist es, auf deine Kapazitäten und Grenzen zu achten. Schau, was du aktiv für dich tun kannst - das können auch anstrengende Ressourcen wie konsequentes "Nein-Sagen" sein. Wenn du z.B. in einer belastenden Situation bist, sag klar, wenn du für weitere Aufgaben keine Kapazität hast. Grenzen zu setzen bedeutet, immer wieder Entscheidungen zu treffen, um in deinem Gleichgewicht zu bleiben.
Konsequenz und Disziplin klingen vielleicht hart, können uns in schwierigen Phasen aber sehr guttun. Sie haben mit Struktur zu tun - und wir wollen sie an Ressourcen koppeln: Konsequent der inneren Selbstabwertung entgegentreten ist eine heilsame Disziplin. An einer Struktur festhalten, die dir guttutt, ebenso. Disziplin beim Grenzen-Setzen um dich zu schützen ist Selbstliebe. Ich lade dich ein, konsequent und diszipliniert bei dem zu bleiben, was dir gut tut und dich stärkt.
Pausen sind ein weiterer essenzieller Aspekt. Pragmatisch betrachtet sind sie Teil einer Struktur, die uns davor bewahrt, von belastenden Dynamiken überwältigt zu werden.
Unterstützung ist von zentraler Bedeutung. Es ist so wertvoll, fachliche, liebevolle und klare Begleitung zu haben, wenn du mit traumatischen Themen in die Tiefe gehst. Gönne dir diese Unterstützung, lass dich inspirieren und erfahre wohlwollende Spiegelung - es gehört zum Heilen dazu, nicht allein zu sein. In einem solchen Raum kannst du korrigierende Erfahrungen machen. Erlaube dir auch im sozialen Umfeld, offen um Unterstützung zu bitten.
Feiere deine Erfolge! Gehe nicht achtlos darüber hinweg, dass du Schritte machst, in die Tiefe gehst und Neues in dir ermöglichst.
Es ist so wichtig, dich selbst anzuerkennen und wertzuschätzen für deinen Weg, der manchmal komplex und fordernd ist. Vernachlässige diesen "Dünger fürs Wachstum" nicht - feiere auch die kleinen Fortschritte und erlaube dir Momente der Lebensfreude! Yeah!
Ich hoffe, du konntest einige wertvolle Inspirationen für deinen eigenen Heilungsweg mitnehmen. Mögen diese Ansätze dir und anderen Lesern Klarheit, Motivation und Kraft schenken.
In tiefer Verbundenheit,
Von Herzen
Micha Madhava
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Verletzlichkeit ist ein zentraler Bestandteil menschlicher Erfahrungen. Sie ermöglicht uns den Zugang zu intensiven Momenten und wird somit zur kostbarsten Ressource unseres Seins. Im folgenden möchte ich einen Einblick in die Kraft der Verletzlichkeit geben und die Bedeutung eines authentischen Ausdrucks beleuchten.
Als Kinder sind wir voller Enthusiasmus und Spontaneität in diese Welt geboren worden. Doch im Laufe der Jahre verlieren wir oft den Bezug zu diesem wertvollen Geschenk. Misstrauen gegenüber dem Leben und anderen Menschen schleicht sich ein, und wir lernen, unsere Verletzlichkeit zu verbergen.
Um uns mit anderen Menschen verbinden zu können, ist es unerlässlich, dass wir uns sicher fühlen. Dieser Schritt kann nicht übersprungen werden, wenn wir uns wieder in die Verletzlichkeit wagen möchten. Gemeinsam können wir erforschen, wie du wieder sicheren Halt in dir selbst finden kannst.
Für viele Menschen ist der Weg zur Wiederentdeckung der Verletzlichkeit mit traumatischen Erfahrungen verbunden. Eine traumasensible Prozessbegleitung kann dabei helfen, diese Erfahrungen anzunehmen und zu heilen. Durch eine einfühlsame Begleitung kannst du Schritt für Schritt lernen, deine Verletzlichkeit zu akzeptieren und als Quelle deiner Stärke zu nutzen.
Ein authentischer Ausdruck ermöglicht es dir, deine ganz individuelle und einzigartige Erfahrung von Intensität mit anderen zu teilen. Indem du dich verletzlich zeigst und deine wahren Gefühle offenbarst, schaffst du eine Verbindung zu anderen Menschen. Diese Offenheit kann dir die Freude und Fülle bringen, nach der du suchst.
Verletzlichkeit ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Ausdruck von Mut und Echtheit. Indem wir uns unserer Verletzlichkeit bewusst werden und sie zulassen, eröffnen sich uns neue Möglichkeiten der Verbindung und des Wachstums. Lass uns gemeinsam den Wert der Verletzlichkeit erkunden und den Mut finden, uns authentisch auszudrücken.
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