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Schuld und Scham am Kreuz- Die Passionsgeschichte und Trauma

Micha Madhava • 29. März 2024

Die Kreuzigung als Auftakt der "cancel-Culture"


Eine Geschichte, die uns prägt


Ostern steht vor der Tür und damit auch die Geschichte, die unsere westliche Kultur wie kaum eine andere geprägt hat: die Passion Christi. Aber wisst ihr, was mich an Jesus immer wieder berührt? Dass er uns ermutigt hat, Dinge zu hinterfragen. Auch wenn man dafür belächelt oder gar angefeindet wird.


Mit neuen Augen sehen


Genau das will ich hier mal machen: Die Passionsgeschichte mit anderen Augen sehen. Nicht, um irgendjemanden vor den Kopf zu stoßen oder zu sagen: "Ey, euer Glaube ist Quatsch!" Mir geht es darum, gemeinsam zu schauen, wie wir die Message von Jesus - nämlich bedingungslose Liebe - so leben können, dass sie uns stärkt und befreit. Und nicht, dass sie uns in Schuldgefühle und Scham verstrickt.


Eine unbequeme Wahrheit


Die Vorstellung, dass Jesus für unsere Sünden gelitten hat, sitzt tief in uns drin. Aber mal ehrlich: Was macht das mit uns, wenn wir ständig hören, dass wir quasi eine Bringschuld haben? Dass wir ohne sein Opfer verloren wären?


Ich weiß, das kann ganz schön herausfordernd sein und vielleicht auch erst mal unbequem. Aber ich glaube, es lohnt sich, da genauer hinzuschauen. Und zwar mit offenem Herzen und Mitgefühl für uns und andere. Denn letztlich geht es doch darum, frei zu werden - von allem, was uns klein und unfrei macht. So wie Jesus es vorgelebt hat, bis zum Schluss.


Also lasst uns gemeinsam auf Entdeckungsreise gehen und mal schauen, was dabei rauskommt. Ich bin schon sehr gespannt auf eure Gedanken dazu!


Der Weg zur inneren Freiheit


Stellt euch mal vor, ihr hättet euer ganzes Leben auf diesen einen Retter gehofft. Und dann müsst ihr mit ansehen, wie er gefoltert und getötet wird - von genau den Leuten, die auch euch unterdrücken. Das ist doch der absolute Horror! Als Individuum sowie als Kollektiv, brauchen wir einen Anker, um in der Ungeheuerlichkeit nicht zu versinken, einen Sinn, um diesen unfassbaren Verlust irgendwie einordnen zu können. Wir brauchen eine Geschichte die Sinn macht.


Denn mal ehrlich: Wie sollen wir uns diesem Trauma stellen, wenn es keine höhere Bedeutung hätte? Wenn wir uns eingestehen müssten, dass wir versagt haben, unseren (wenn auch projizierten) Retter zu beschützen? Das ist doch eine schwer auszuhaltende Scham.


Und welche Kompensationstrategie wurde gewählt? Wir drehen den Spieß um und erzählen uns, dass Jesus sich für uns geopfert hat. Weil wir angeblich so sündig sind und dieses Opfer gebraucht haben. Plötzlich liegt die Scham nicht mehr bei uns, sondern bei allen anderen, die nicht begreifen wollen, wie viel Jesus für sie gelitten hat.


Aber mal ganz im Ernst: Glaubt ihr wirklich, dass das in seinem Sinne ist? Hat er uns nicht selbst zugesagt, dass das Göttliche in uns wohnt? Dass wir im Kern gut und liebenswert sind - ohne Wenn und Aber?


Genau das hat er doch vorgelebt: Dass wir auch in der dunkelsten Stunde unsere innere Freiheit bewahren können. Nicht, weil wir irgendwelchen moralischen Regeln folgen oder uns für heiliger halten als andere. Sondern weil wir erkennen: Unsere wahre Essenz ist unverletzbar. So wie er seinen Peinigern mit Mitgefühl begegnen konnte, können auch wir lernen, uns von Verletzungen nicht das Herz verschließen zu lassen. Jesus als Leitstern der Verletzlichkeit!


Das heißt nicht, dass wir den Schmerz und die Trauer über seinen Tod einfach wegdrücken sollen. Im Gegenteil: Vielleicht ist es an der Zeit, uns diesem Trauma wirklich zu stellen. Nicht, um in Schuld und Scham zu versinken, sondern um uns davon zu befreien. Um zu erkennen, dass seine Botschaft der Liebe stärker ist als jeder Verlust und jede Gewalt.


Und von da aus können wir vielleicht anfangen, unsere eigene innere Freiheit wiederzuentdecken. Die Freiheit, die nicht von äußeren Umständen abhängt, sondern aus der Verbindung zu unserem tiefsten Wesenskern erwächst. Denn das ist es doch, was Jesus uns zeigen wollte: Dass wir alle Kinder Gottes sind, berufen zu einem Leben in Liebe und Wahrhaftigkeit.


Verantwortung statt Schuld


Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Wir alle tragen unsere Wunden mit uns rum und reagieren dann manchmal auf eine Art, die wir selbst doof finden. Aber weißt du was? Wir müssen uns dafür nicht verurteilen! Stattdessen können wir uns eingestehen, dass wir verletzt sind. Und dass auch wir schon aus dieser Verletzung heraus anderen wehgetan haben. Nicht, um uns dafür zu geißeln - sondern um Verantwortung zu übernehmen und zu heilen.


Was würde Jesus dazu sagen?


Und jetzt kommt die Preisfrage: Was würde Jesus selbst wohl davon halten, wenn er wüsste, dass wir seinen Leidensweg benutzen, um anderen ein schlechtes Gewissen zu machen? Wenn wir quasi sagen: "Guck mal, wie viel er für dich gelitten hat - und du undankbares Ding lebst immer noch nicht so, wie du solltest!"


Ich meine, mal ehrlich: Wollte Jesus nicht genau das Gegenteil? Uns zeigen, dass wir frei sind von all diesen Erwartungen und Anforderungen? Dass wir einfach nur zu lieben brauchen - uns selbst und andere? 


Stellt euch mal vor, er würde heute wiederkommen und sehen, was wir aus seiner Botschaft gemacht haben. Wie wir uns teilweise hinter frommer Fassade verstecken, aber insgeheim genauso verurteilen und ausgrenzen wie die Leute damals. Meint ihr, er wäre begeistert?


Oder würde er uns vielleicht eher sagen: "Leute, ihr habt da was missverstanden. Ich bin nicht gestorben, damit ihr jetzt erst recht aufeinander rumhackt. Sondern damit ihr erkennt, dass Liebe stärker ist als jede Verurteilung - von außen wie von innen."


Denn wenn wir genau hinschauen, erkennen wir: Die Kreuzigung Jesu war im Grunde eine frühe Form von "Cancel Culture" - ein Versuch, eine unbequeme Stimme zum Schweigen zu bringen. Jesu Botschaft von bedingungsloser Liebe stellte den Status Quo in Frage und rüttelte an den Machtstrukturen seiner Zeit. Die Kreuzigung war der Versuch, diese Botschaft auszulöschen.


Doch wie die Auferstehung zeigt, ist das letztlich nicht gelungen. Stattdessen hat sich die Botschaft Jesu über die Jahrhunderte verbreitet und unzählige Menschen inspiriert. Das gibt Hoffnung, dass Versuche, Andersdenkende mundtot zu machen, langfristig scheitern werden - auch wenn sie kurzfristig durchaus verletzend und zerstörerisch sein können.


Gleichzeitig wirft die Kreuzigung aber auch ein Licht auf die tiefen Wunden und Traumata, die Menschen einander zufügen und die sich oft über Generationen hinweg fortsetzen. Ungeheilte Beschämungen und Verletzungen prägen auch heute noch unser Denken und Verhalten, oft ohne dass wir uns dessen bewusst sind.


Und genau hier liegt vielleicht eine tiefere Bedeutung der Ostergeschichte: Sie konfrontiert uns mit den dunklen Seiten des Menschseins, aber sie zeigt auch einen Weg der Heilung und Transformation. Die Auferstehung Jesu kann als Metapher dafür gesehen werden, dass wir alte Muster und Verletzungen überwinden und zu einem neuen, mitfühlenderen Leben finden können.


Dafür müssen wir jedoch bereit sein, uns unseren Schatten zu stellen und offen über die verborgenen Prägungen zu sprechen, die unser Handeln beeinflussen. Nur wenn wir uns dieser Aufgabe stellen, können wir die österliche Botschaft von Tod und Auferstehung wirklich in unserem Leben wirksam werden lassen.


Eine Einladung zum Aufstehen


Das mag jetzt erst mal schockierend klingen, ich weiß. Aber für mich steckt da eine tiefe Wahrheit drin. Nämlich dass wir manchmal gerade die Dinge missbrauchen, die eigentlich das Potenzial hätten, uns zu befreien. Weil es bequemer ist, als wirklich hinzuschauen und uns zu verändern.


Dabei ist es doch das, wozu Ostern uns einlädt: Aufzustehen aus unseren alten Denkmustern. Uns wie Jesus das Herz aufbrechen zu lassen für die Liebe, die keinen verurteilt und niemanden braucht. Und dann raus in die Welt zu gehen und das zu leben - egal, was andere sagen.


Ein Ostern der Liebe und Freiheit


Denn letztlich geht es doch darum: Dass wir immer wieder aufstehen, wenn wir hingefallen sind. So wie Jesus nach der Kreuzigung. Dass wir uns immer wieder für die Liebe öffnen - zu uns selbst, zu anderen und zum Leben an sich. Und dass wir dabei über unsere eingefahrenen Denkmuster und Verhaltensweisen hinauswachsen.


Also lasst uns dieses Ostern mal nutzen, um ehrlich zu uns zu sein. Wo sind wir vielleicht zu hart zu uns oder zu anderen? Wo könnten wir etwas lockerlassen und mehr auf die Stimme unseres Herzens hören? Und lasst uns feiern, dass wir schon alles in uns tragen, was wir brauchen, um heil und ganz zu sein - unverletzbar in unserer Essenz.


In diesem Sinne wünsche ich euch ein Ostern voller Liebe, Lebendigkeit und Auferstehungskraft!


Micha Madhava




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